Online vs. Offline?
Das soziale wie das politische Leben findet auch in der Schweiz zunehmend online statt. Durch weitreichende Corona-Massnahmen wurden bestehende Trends beschleunigt und Online-Sitzungen, Chatgruppen, Signal u.a. Apps sind inzwischen fester Bestandteil sozialer Netzwerke, zwischenmenschlicher Beziehungen und aktivistischer Organisation.
Demgegenüber spielt sich das Leben im Knast überwiegend offline ab. Viele Gefangene haben kaum, einige nur begrenzt Zugang zum Internet. Deshalb ist das wichtigste und oftmals einzige Kommunikationsmittel das Schreiben von Briefen!
Solidarität?
Überall ist momentan von Solidarität die Rede. Aber was bedeutet dieses Wort in Corona-Zeiten überhaupt noch? Eine anarchistische Praxis sollte davon ausgehen, dass die Schwächsten am stärksten getroffen werden und eben jenen, die den Riskien stärker ausgesetzt sind, Solidarität entgegenbringen.
Gefängnisinsass*innen haben viel höhere Risiken, sich mit Corona zu infizieren, einen schweren Krankheitsverlauf zu durchleben und nur unzureichend medizinisch versorgt zu werden. Bisher wurden nur wenige Maßnahmen ergriffen, um Gefangene zu schützen. Das Wenige was von Behörden angeordnet wurde (etwa Kontaktsperren oder das Streichen von Ausgängen) verschärft die Isolation und die psychische Belastung, denen Gefangene ohnehin zu kaum erträglichem Maße ausgesetzt sind.
Gegen die Gewohnheit
Wir fordern dazu auf, die Isolation zu durchbrechen, die der Gefangenen und unsere eigene.
Durch das Schreiben von Briefen und Postkarten können wir Menschen direkt unterstützen, ihnen Anteilnahme und Kraft schicken und uns mit ihren Kämpfen für bessere Zustände solidarisieren.
Einen Brief zu schreiben mag in diesen digitalen Zeiten für manche ungewohnt sein…
…also lasst uns die Gewohnheiten durchbrechen! Denn jede kleine Geste bringt Abwechslung und Unterstützung zu Menschen, die diese harten Wochen in Gefangenschaft durchstehen müssen.
Wie beginnen?
Es kann schwierig erscheinen, zum ersten Mal an fremde Menschen zu schreiben. Deshalb:
- nehmt euch einen festen Zeitraum vor, den ihr für das Briefeschreiben reserviert, und tragt ihn in eurer Agenda ein
- erzählt Freund*innen von eurem Vorhaben, motiviert euch gegenseitig, tauscht euch aus
- verabredet euch real oder online zum gemeinsamen Schreiben
- setzt euch nicht unter Druck, etwas Herausragendes schreiben zu müssen. Hauptsache, erst einmal anfangen, und falls ihr am Ende wirklich nicht zufieden seid, schreibt/zeichnet es einfach nochmal neu
Noch viel mehr Tipps findet ihr z.B. auf der Seite des ABC Berlin: abc-berlin.net/briefe (DE/EN)
Wem schreiben?
Adressen von Gefangenen die sich über Post freuen findet ihr hier:
Anonym?
Wenn ihr nicht eure eigene Adresse angeben mögt, könnt ihr diese Adresse als Absender nutzen:
Infothek Furia c/o de_block
Waldmannstrasse 17
3027 Bern
Dort könnt ihr dort eure Antworten auch abholen, sofern ihr uns per Email Bescheid gebt, dass ihr Post erwartet.
Wenn ihr gerade keine Möglichkeit habt, an Briefpapier und Postkarten heranzukommen, oder zum Briefkasten zu gehen, könnt ihr eure Brief auch als Mail verfassen und sie an furia@immerda.ch oder per Signal an 076 645 18 97 schicken. Wir drucken sie dann aus und schicken sie ab.
Schreibt uns wenn möglich verschlüsselt! PGP-Key: https://keys.immerda.ch/pks/lookup?op=get&search=0×5CA60BCDD0195610)
Schreiben, bis alle frei sind!
Links zur Situation in den Knästen während Corona:
Radio
Willkür und Einschränkungen in den Justizvollzugsanstalten (DE)
PS: Vielen Dank ans ABC Berlin für die Textvorlage 😉
Writing letters to prisoners – breaking the isolation
Writing letters is a weapon. Writing letters is resistance. Writing letters also works from home. But how?
Online vs. Offline
Social and political life in Switzerland is increasingly taking place online. Extensive corona measures have accelerated existing trends and online sessions, chat groups, Signal and other apps have become an integral part of social networks, interpersonal relationships and activist organisation.
In contrast, life in prison is mostly offline. Many prisoners hardly have any access to the Internet, some only limited access. Therefore the most important and often only means of communication is writing letters!
Solidarity?
At the moment there is talk of solidarity everywhere. But what does this word actually still mean in Corona times? An anarchist practice should assume that the weakest are hit hardest and should show solidarity with those who are more exposed to the risks.
Prison inmates have much higher risks of becoming infected with Corona, of suffering a more serious progression of the disease and of receiving insufficient medical care. So far, few measures have been taken to protect prisoners. The few things that have been ordered by the authorities (such as contact blocks or a ban on going out) aggravate the isolation and psychological strain to which prisoners are allready exposed to an almost unbearable degree.
Against the habits
We call for breaking the isolation, that of the prisoners and our own.
By writing letters and postcards we can directly support people, send them sympathy and strength and show solidarity with their struggles for better conditions.
Writing a letter may be unfamiliar to some in these digital times…
…so let’s break the habits! Because every little gesture brings variety and support to people who have to endure these hard weeks in captivity.
How to beginn?
It can seem difficult to write to strangers for the first time. Therefore:
- fix a time for writing letters and write it down in your agenda
- tell friends about your project, motivate each other, exchange ideas
- arrange to meet in person or online to write together
- don’t put yourself under pressure to write something outstanding. The main thing is just to start, and if you’re really not satisfied at the end, just rewrite/draw it again
You can find even more tips on the ABC Berlin website: abc-berlin.net/briefe (DE/EN)
Who to write to?
You can find addresses of prisoners who are happy about mail here:
Anonym?
If you do not want to give your own address, you can use this address as the sender:
Infothek Furia c/o de_block
Waldmannstrasse 17
3027 Bern
You can also pick up your answers there, if you let us know by email that you expect mail.
If you don’t have the possibility to get letterhead and postcards or go to the mailbox, you can also write your letter as an email and send it to furia@immerda.ch or with the messenger app signal at: 076 645 18 97. We will then print it out and send it.
Write to us encrypted if possible! PGP key: https://keys.immerda.ch/pks/lookup?op=get&search=0×5CA60BCDD0195610)
Write until all are free!
Links about the situation in prisons during corona
Radio
PS: thanks to ABC Berlin for the text template 😉